Projekte Melanchthonkantorei 2014

23.11.2014: Johann Sebastian Bach "Wachet auf, ruft uns die Stimme" BWV 140


26.10.2014: Fanny & Lili - Frauen komponieren

Mannheimer Morgen, 29.10.2014:

(Autor: Uwe Rauschelbach)

 

Fanny und Lili" steht auf den Konzertplakaten und -programmen. Dass darauf nur die beiden Vornamen genannt werden, soll nicht etwa respektlos klingen, sondern suggeriert durchaus Vertraulichkeit. Und tatsächlich sind die beiden Komponistinnen Fanny Hensel und Lili Boulanger nach dem jüngsten Konzert mit der Mannheimer Melanchthonkantorei ans Herz gewachsen.

  

Wobei das an der Nahtstelle zwischen Barock und Klassik stehende Oratorium von Mendelssohn-Schwester Fanny durchaus an die Klangrede des großen Bruders erinnert. Bemerkenswert jedoch, wie sich die Vertonung biblischer Bilder dann aber als eigenständiges Porträt behauptet: von der unruhig pulsierenden Ouvertüre bis zum strahlenden Lobgesang mit seiner machtvollen Schlusskadenz.

 

Die Melanchthonkantorei zeichnet sich unter der energischen Zeichensetzung von Kirchenmusikdirektorin Christiane Brasse-Nothdurft gleichsam durch Flexibilität wie durch Sicherheit in den wechselnden Stimmformationen aus. Die Dirigentin fordert dabei besonders Leidenschaft im Ausdruck, der den biblischen Texten Authentizität und Aktualität verleihen soll. Die A-cappella-Passagen bestätigen es: Die Chorstimmen stehen sicher, haben Fundament und Kontur, nicht zuletzt Strahlkraft, wie sich im jubelnden Schlusschor zeigt. Besonders zu würdigen hier bereits das Solistenquartett mit Marie-Belle Sandis (Alt) an der Spitze, gefolgt von Eva-Maria Haas (Sopran), Christoph Wittmann (Tenor) und Georg Gädker (Bariton) - ausgezeichnete Stimmen mit klaren Charakterprofilen.

 

Zwielichtige Harmonien

 

Ins Werk der 1918 mit 24 Jahren verstorbenen Lili Boulanger führt Christiane Brasse-Nothdurft erklärend ein. Zwielichtige Harmonien und Trommeldonner signalisieren es: Wir sind im 20. Jahrhundert angekommen. Tragische Aufwallungen und herbe Brüche illustrieren die Seelenwelt des Beters von Psalm 129. Die gut aufgelegte, in großer Besetzung angetretene Mannheimer Kammerphilharmonie stürzt sich mit Wonne in die Klangwogen - und wie aus einer anderen Sphäre kündet der besänftigende Frauenchor von höheren Segnungen.

 

Tiefe Orgelregister (Ryoko Aoyagi), Tuba und Bässe heben den 130. Psalm Boulangers anschließend aus finsteren Tiefen. Drängende Gottesanrufe, extreme dynamische Kontraste, mächtige Chor-Apotheosen und ein erschütterndes Altsolo von Marie-Belle Sandis zeugen von der existenziellen Kraft dieser vor Intensität berstenden Musik. /sm

 

 © Mannheimer Morgen, Dienstag, 28.10.2014


23.05.2014: Sing unto the Lord - Englische Chor- und Orgelmusik

Mannheimer Morgen, 26.05.2014:

 

Vorfreude aufs himmlische Paradies

 

Schon dieser majestätisch-festliche Auftakt - er würde selbst der Queen alle Ehre machen. So aber sitzen wir ein wenig kleinlaut in der Mannheimer Melanchthonkirche und lassen uns von den brausenden Wogen englischer Chormusik umspülen. Mit Orgelklang und Paukendonner verwandelt die Melanchthonkantorei den nüchternen Kirchenraum in eine Kathedrale.

 

Lukas Stollhof lässt die Zungenpfeifen munter blasen und Gerd Weber sorgt an den Pauken zusammen mit Jakob Roth am Schlagwerk für rhythmische Prägnanz. Von Beginn an entfaltet die Melanchthonkantorei unter dem enthusiastischen Dirigat von Christiane Brasse-Nothdurft einen hymnischen, strahlenden und emotionalen Chorgesang.

 

Jubelklänge

 

Die heroisch aufstrebenden Jubelklänge etwa eines Charles Parry kontrastiert der Organist mit dem sanft leuchtenden G-Dur in Mendelssohns Präludium und Fuge. Mit mehreren A-Cappella-Stücken lässt der Chor bewegliche Stimmen in allen Partien, einen agilen und höhensicheren Sopran, einen deutlich konturierten Alt sowie wohlgetönte Männerstimmen hören. Häufig gibt es Zwischenapplaus, auch nach dem Rutter-Klassiker "The Lord Bless You And Keep You" für Verzagte und Burnout-Gefährdete, den der Chor sogleich mit der zündenden Psalmvertonung "O Clap Your Hands" kontert. Händels "Feuerwerksmusik" sprüht in diesem Konzert reichlich Funken, ebenso Parrys Ode "Blest Pair Of Sirens", in der die Vorfreude aufs himmlische Paradies mitschwingt.

 

Uns muss fürs erste die Vorfreude auf den 100. Geburtstag der Kantorei genügen, die mit diesem Konzert schon einmal ihr 95-jähriges Bestehen gefeiert hat. Die Zugabe, Parrys Hymne "Jerusalem", lässt uns freilich noch tagelang einen Schauer über den Rücken laufen. urs

 

© Mannheimer Morgen, Montag, 26.05.2014