Die Kantorin bis 2019: Christiane Brasse-Nothdurft

Auszüge aus dem Abschiedsvideo für KMD Christiane Brasse-Nothdurft


Zum 1. September 2019 geht Kirchenmusikdirektorin Christiane Brasse-Nothdurft in den Ruhestand. 39 Jahre war sie Kantorin in der Evangelischen Gemeinde in der Neckarstadt Mannheim und hat in dieser mit ihren verschiedenen Chorensembles und der Gestaltung zahlloser Gottesdienste und Konzerte viele Menschen im Stadtteil und darüber hinaus erreicht. 

 

Christiane Brasse-Nothdurft studierte Kirchenmusik in Ihrer Heimatstadt Herford/ Westfalen und Essen. Nach einem künstlerischen Aufbaustudium in Chorleitung in Freiburg übernahm sie 1981 hauptamtlich die Melanchthonkantorei in Mannheim.

 

Der Schwerpunkt ihrer Arbeit lag auf den großen Werken der Oratorienliteratur, darüber vergaß sie aber nicht die zeitgenössische Musik, wie mehrere Uraufführungen belegen.

 

Außerdem widmete sie sich intensiv dem Musizieren mit Kindern und Jugendlichen und der vielfältigen Gestaltung der Gottesdienste an der Melanchthonkirche. Seit 2002 beschäftigte sie sich verstärkt mit den Stilrichtungen Jazz, Pop, Rock und Gospel.

 

Seit 1987 unternahm die Melanchthonkantorei Konzertreisen, die sie nach Wales, Schweden, Portugal, Israel, Irland, Ungarn und nach Rom führten.

 

Seit 2003 durfte sie sich Kirchenmusikdirektorin nennen, ein Ehrentitel, den die evangelische Landeskirche Baden erstmals einer Frau verlieh. 2006 feierte sie ihr 25-jähriges Dienstjubiläum.

KMD Christiane Brasse-Nothdurft
KMD Christiane Brasse-Nothdurft

Artikel im Mannheimer Morgen: Ruhestand nach 39 Jahren als Kantorin

Hier geht es zum Artikel im Mannheimer Morgen zur Verabschiedung von Christiane Brasse-Nothdurft.


Interview mit Christiane Brasse-Nothdurft bei den Proben zu den "10 Geboten" in der SAP-Arena

Pressestimmen:

Frohe Botschaft vor imposanter Kulisse

 

Von unserem Redaktionsmitglied Uwe Rauschelbach

 

Der Auszug Israels aus Ägypten, die Flucht durchs Rote Meer, der Empfang der Zehn Gebote: machtvolle Demonstrationen göttlichen Handelns. Versuche, diese gewaltige Archaik aus dem Alten Testament künstlerisch darzustellen, neigen - man denke an den Hollywoodklassiker mit Charlton Heston - zu monumentalen Lösungen. Mannheims SAP Arena war den Machern des Pop-Oratoriums "Die Zehn Gebote" denn auch gerade groß genug.

 

Dem Publikum in der riesigen, bis unters Dach restlos gefüllten Halle bot sich eine imposante Kulisse. Über 2800 Sängerinnen und Sänger aus 77 badischen und rheinland-pfälzischen Kirchenchören hatten die Tribünenplätze hinter der Bühne in Beschlag genommen. Ein riesiger Projektchor, der in etlichen Vorbereitungs- und Probeeinheiten für dieses Musikspektakel fit gemacht worden ist.

 

Produzent, Keyboarder und Arrangeur Dieter Falk sowie Librettist Michael Kunze haben "Die Zehn Gebote" unter dem Dach der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) konzipiert. Das Thema passt zum diesjährigen Jahr der Kirchenmusik; die Zehn Gebote als zentrales Dokument christlichen Glaubens in eine heutige Sprache zu übersetzen, war dabei eine der Hauptaufgaben.

 

Starker Chor, starke Solisten

 

Das Ergebnis ist ein 90-minütiges Stück Musik mit 19 Chor- und Solistennummern, das im modernen Musical ebenso zu Hause ist, wie es sich in Pop und Gospel verortet: eine Art Mischung aus "König der Löwen" und "Jesus Christ Superstar". Ein glaubensstarkes Zeugnis mit missionarischer Attitüde; zumindest zielen diese "Zehn Gebote" auf die solidarisierende Wirkung der alttestamentlichen Lehre, die im christlichen Glauben in der Herrschaft der Liebe kulminiert. Dabei darf's musikalisch durchaus auch mal kuschelig zugehen.

 

Auf der bild- und requisitenfreien Bühne spielen die Darsteller Szenen aus der alttestamentlichen Überlieferung, erstaunlich selbstbewusst moderiert von den noch sehr jungen Sängern Paul Falk und Yosefine Buohler. Starke Charaktere verkörpern Michael Eisenburger als tapferer Mose und Stefan Poslovski als machtversessener Pharao. Gesanglich ein Hit auch Bahar Kizil als Zipporah und Bonita Niessen als Engel. Frank Logemann, Jonathan Agar, David Thomas, Stefan Stara und Silke Braas komplettieren das Solistenensemble. Und über allem die Stimme Gottes, gesprochen von Schauspieler Otto Sander.

 

Begleitet werden die Sänger von einer Band sowie Mitgliedern des jungen Orchesters NRW. Doch im Mittelpunkt natürlich: der riesige Projektchor. Die Einsätze für alle überdeutlich vorgebend und sehr engagiert geleitet von Mannheims Kirchenmusikdirektorin und Chordirigentin Christiane Brasse-Nothdurft und dem Pirmasenser Kirchenmusiker Maurice Antoine Croissant, dürfte es für die Sänger ein denkwürdiges Ereignis sein, sich als kleines, aber unverzichtbares Rädchen in einem solchen überwältigenden Klangapparat zu drehen. Ein Mitmachereignis von hohem Rang, mit hörbar gut geschulten Stimmen und gelegentlichen optischen Einlagen, etwa wenn über 2800 Chorsänger beim Einzug des Pharaos ihre glitzernden und raschelnden Goldfolien in die Höhe recken.

 

Das Publikum ist hingerissen und schwenkt tausendfach Leuchtstäbchen. "Was Ihr auch tut, alles ist gut, wenn der eine den anderen liebt", lautet die Quintessenz. Was ja nun gerade das Problem wäre. Aber zumindest einen Tropfen dieser frohen Botschaft hat sich wohl jeder der 10 000 Besucher in der SAP Arena ins Herz sickern lassen.

 

(Quelle: Mannheimer Morgen, 28.02.2012)

Eine "Wand", die super singen kann

 

Von Alexander Albrecht

 

Mannheim. Sie formen eine riesige weiße Wand. 2800 Menschen. In ihren weißen Hemden und Blusen verschmelzen sie nicht nur zu einem großen Ganzen, sondern symbolisieren auch die Reinheit und Unschuld, die allem vorangeht. "Keine Sorge, sie sind nicht beim Ärztekongress gelandet. Es ist der Chor", klärt Moderator Matthias Kleiböhmer die rund 10.000 Besucher in der SAP Arena augenzwinkernd auf.

 

Seit Monaten ist die Halle ausverkauft. Nicht wegen der Mannheimer Adler oder den Rhein-Neckar-Löwen, die hier regelmäßig Puck und Handball hinterherjagen. Es tritt auch kein internationaler Star wie Madonna oder Elton John auf. Geboten werden am Sonntagabend "Die Zehn Gebote". Als Pop-Oratorium "für die ganze Familie".

 

19 Titel hat der Musicalautor und Grammy-Gewinner Michael Kunze für die groß angelegte Inszenierung geschrieben, die Komposition stammt vom Musikproduzenten Dieter Falk, bekannt aus der "Popstars"-Jury. In einer Mischung aus Gospel, Pop und Klassik wird in der zweistündigen Aufführung die Geschichte des Volkes Israel von der Berufung des Mose über den Auszug aus Ägypten bis zum Empfang der Zehn Gebote am Berg Sinai erzählt.

 

Es zeugt von Mut und dem Willen, sich auf Neues einzulassen, dass die Veranstalter – die Evangelische Landeskirche in Baden und die Evangelische Kirche der Pfalz in Kooperation mit der Creativen Kirche und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) – den Bibelstoff auf die ganz große Bühne bringen. Statt ins Gemeindehaus geht’s in die Arena, statt unter Neonröhren stehen die 2800 Kirchenchorsänger – Falk: "Wir sind regelrecht überrannt worden" – unter 200 Scheinwerfern mit 200.000 Watt starker Leistung, und statt Orgel oder Gitarren haben sie eine Rockband und das formidable "Junge Orchester NRW" an ihrer Seite. Die Bühnenshow auf dem roten Teppich vor dem Orchester ist übersichtlich. Zwar sitzen Tausende Sänger im Alter zwischen sieben und 82 Jahren auf den Rängen. Das Volk Israel jedoch, das später ausgelassen ums Goldene Kalb tanzt, ist auf vier Personen eingedampft. Nicht nur diese Szene ist etwas schräg. Zu gewollt und zu plakativ ist mitunter Kunzes Versuch, die Geschichte in Jugendsprache zu übersetzen. Dabei sind dem Texter einige Reime etwas sehr schlicht geraten, etwa als Mose seine spätere Frau in Schutz nimmt: "Lasst das Mädchen an die Pfütze oder ihr kriegt was auf die Mütze."

 

Kunze und Falk sind Profis. Melodien und Arrangements folgen der gängigen Musical-Dramaturgie. Auch wenn sie nicht die größte Sängerin vor dem Herrn ist: Bahar Kizil (Ex-"Monrose") überzeugt als liebenswürdige Mose-Frau Zipporah mit souligem Timbre ebenso wie Michael Eisenburger (Mose). Die beste Stimme unter den Hauptdarstellern hat freilich "Pharao" Stefan Poslovski. 


Aller Ehren wert ist die Leistung des Massenchors, dessen Begeisterung ansteckt. Zwei außenstehende Chordirigenten – Maurice Antoine Croissant und Christiane Brasse-Nothdurft – halten diesen Riesenapparat zusammen. Der Rhythmus ist sauber, jeder Einsatz sitzt. Und die Moral von der Geschicht? "Liebe ist das Gebot. Liebe allein schließt alles ein", singen Künstler und Chor am Schluss. Spätestens jetzt ist das Publikum völlig aus dem Häuschen. Minutenlanger Beifall. In der "Wand" sind nur noch strahlende Gesichter zu sehen.

 

(Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung, 27.02.2012)