Mannheimer Morgen, 23.12.2016, aso
Weihnachtsfreude in die Welt gesendet
In Großbritannien gehört es zur Weihnachtstradition: das gemeinsame Singen von "Christmas Carols". Dabei handelt es sich um fröhliche Lieder, die nicht unbedingt christlichen Inhalts sein müssen. Und genau diesem Liedgut hat sich die Melanchthonkantorei auf Wunsch eines englischen Mitsängers gewidmet. Kantorei, Pop-Chor, eine Harfenistin und vier Musiker stellten in der ausverkauften Melanchthonkirche eine breite Auswahl englischer Christmas Carols vor und luden das Publikum zum Mitsingen ein.
Ganz in Schwarz mit roten (Kantorei) und grünen (Pop-Chor) Accessoires betraten die beiden großen Chöre den Altarraum und eröffneten mit dem bekannten Stück "Joy to the World" das Konzert. "Wir möchten Weihnachtsfreude in die Welt senden mit unserem ersten Christmas Carols-Konzert", begrüßte Kirchenmusikdirektorin Christiane Brasse-Nothdurft das Publikum. Die über 500 Jahre alte Tradition des Choralsingens, so erklärte sie, sei kürzlich ins Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen worden - ein Ritterschlag in der Musik.
Der bekannteste englische Choral ist wohl "O come, all ye faithful", in Deutschland als "Herbei o Ihr Gläubigen" bekanntgeworden. Hier konnte das Publikum gleich seine Sangeslust unter Beweis stellen. Im Wechsel mit dem Chor, der von Sarah Pilgrim an der Harfe begleitet wurde, sang das Publikum mit. Sarah Pilgrim spielte ein Harfensolo über das bekannte Lied "Morgen kommt der Weihnachtsmann", das sie in verschiedenen Variationen brachte: Mal glissando, mal arpeggio, aber immer sehr anrührend.
Die Laienspielgruppen "Melanthalia" und "Künstlerfreiheit" gehören ebenso zur Melanchthongemeinde. Auch sie trugen zum Konzert bei: Melanthalis spielte eine Szene aus Charles Dickens' Geschichte "A Christmas Carol". Hier muss der Geizhals Ebenezer Scrooge zusehen, wie sein Neffe sich über ihn lustig macht. Bei dem Lied "God rest you merry, Gentlemen" war wieder das Publikum gefragt. Über "O Holy Night" und "Ding dong! Merrily on high" ging es in die Pause, in der neben Glühwein auch typisch englische Christmas Cakes verkauft wurden.
Mit einer alten, französischen Tanzmelodie eröffneten die Musiker den zweiten Programmteil. In England trifft man sich in Privathäusern, Schulen oder Pubs zum Carol singing und sammelt dabei Geld für gute Zwecke. Das war bei der Melanchthonkantorei genau so, denn von jeder Eintrittskarte gingen fünf Euro an Kiwanis Mannheim, einer Organisation, die sich für Kinder einsetzt. So werden Ranzen für Schulanfänger gekauft, es gibt Nachhilfeunterricht und ein Projekt mit der Neckarschule. Die Jugendtheatergruppe "Künstlerfreiheit" spielte eine Neufassung des Grimm'schen Märchens "Die Sterntaler", bei dem einem Waisenmädchen erst das Handy gestohlen wird und dann gibt sie nacheinander Schuhe, Jacke, Wasser und einen Teddy an noch bedürftigere Kinder. Belohnt wird sie dafür mit einem reichen Taler-Regen von oben. "The Coventry Carol", oder "The First Nowell" waren weitere Stücke vom Chor, teilweise begleitet von den Musikern Ryoko Aoyagi (Klavier und Orgel), Maximilian Becker und Attila Maka (Trompeten) und Jakob Roth (Pauken, Schlagzeug). Mit einem Medley von Christmas Carols endete ein großartiges Konzert. Das Publikum stand von den Stühlen auf, schnippte und klatschte mit und gegen Schluss wurde es sogar noch richtig fetzig, als eines der Lieder von einem Sänger gerappt wurde. Für alle gab es langanhaltenden Applaus.
Mannheimer Morgen, aso
Pressestimmen:
Mannheimer Morgen, 28.10.15, Eckhard Britsch
Beeindruckende Chorarbeit und Wiedergabe
Musikstadt Mannheim, das hört sich gut an, zu hoffen bleibt, dass da auch die prägende Arbeit der Kantoreien gewürdigt wird. Ein eindrucksvolles Beispiel engagierter wie kontinuierlicher und kompetenter Arbeit erlebten die Hörer beim Konzert in der Friedenskirche, als die Melanchthonkantorei gemeinsam mit der Kammerphilharmonie Mannheim und trefflichen Gesangssolisten unter ihrer Leiterin Christiane Brasse-Nothdurft mit Werken von Mozart und Schubert verdiente Anerkennung fand: minutenlanger Beifall!
Kühn und souverän
Besonders auffallend war die Interpretation der As-Dur-Messe (D 678) von Franz Schubert, denn die Kantorin findet einen sehr persönlichen Zugang, der mit Kühnheit und Souveränität umschrieben werden kann. Weil sie mit zügigen Tempi und genau gesetzten Kontrasten, rhythmischer Belebung etwa im "Osanna" einen bewegten und bewegenden Aufriss dieser Messe vorstellte. Das war über liturgische Intendierung hinaus "konzertant" im besten Sinne, zumal der etwa 80 Köpfe starke Chor sehr flexibel agieren konnte. Was den überfallartigen Einsatz im "Gloria" ebenso beinhaltet wie die mit viel Innenspannung grandios aufgeschichtete Chorfuge. Als Gesangssolisten wirkten Sopranistin Tamara Banjesevic, Altus Thomas Nauwartat-Schultze, Bernhard Gärtner (Tenor) und Gonzalo Simonetti (Bass). Alle mit eigenwertigem Timbre ausgestattet, indes im Zusammenklang weniger homogen als individuell ausgestaltet.
Auch mag die Hall-Charakteristik der Kirche dazu beigetragen haben, dass einige Spitzentöne leicht überzeichnet wirkten. Was komplettierte den nachwirkenden Abend? Naturgemäß besonders auffällig Mozarts "Exultate, Jubilate"-Kantate, in der Tamara Banjesevic ihre leuchtende Stimmkultur einschließlich überschwänglicher Koloraturen einbringen konnte; zudem Mozarts kurzes "Laudate Dominum" (KV 339), das in wunderschönem "Amen" ausklingt, und einleitend das schwelgerisch intonierte "Tantum ergo" (D 962) von Schubert.
© Mannheimer Morgen, Mittwoch, 28.10.2015
Pressestimmen:
Mannheimer Morgen, 13.05.2015
Rosenlieder aus Frankreich, Nacht im deutschen Wald
Romantische Chorlieder zum Muttertag - eine gute Idee, wie das ausverkaufte Melanchthonhaus bewies. Die Dramaturgie des Abends war wohl Christiane Brassse-Nothdurft zu danken, die seit 1981 die Qualität der Melanchthonkantorei beständig steigert. Außer dem 70-köpfigen Gesamtchor traten auch Frauen- oder Männerchor auf, einmal gar ein handverlesener, kleiner Favoritchor. Die meisten Chorsätze wurden von der geschmeidig mitgestaltenden Ryoko Aoyagi am Klavier begleitet; es gab aber auch A-cappella-Chöre, besonders schön die "Waldesnacht" von Johannes Brahms.
Apartes Angebot
Sozusagen als Einstimmung auf die 2016 geplante Japanreise hat der Chor drei japanische Lieder einstudiert, die er nach kurzen Erläuterungen eines japanischen Chorbassisten einfühlsam vortrug. Drei Rilke-Vertonungen aus "Les chansons des roses" von Morton Johannes Lauridsen rundeten das recht aparte Angebot ab. Ansonsten natürlich viel deutsche Romantik, Schumann und Schubert, Brahms und Silcher. Und dass die Melanchthonkantorei bei einem solchen Repertoire nicht stocksteif auf der Bühne steht, versteht sich von selbst. Mal begann der Chor, nach der Pause, schon im Foyer "Ich weiß nicht, was soll es bedeuten" zu singen; mal stürmte der Frauenchor bei Schumanns "Ländlichem Lied" singend die Bühne.
Abendlied zum Schluss
Bei Schuberts reizendem "Ständchen" für Altsolo, Männerchor und Klavier ("Zögernd leise") nahmen die Sänger den Schlussvers "Leise, leise schleichen wir uns wieder fort" wörtlich. Altsolo? Höchste Zeit, von der Solistin des Abends zu sprechen, die natürlich nicht nur für das Schubert-Ständchen engagiert war: Sandra Stahlheber. Schon zuvor hatte sie mit einem schön gestalteten Schumann-Zyklus (nach Versen von Justinus Kerner) erfreut. Im zweiten Programmteil sang sie, wieder von Ryoko Aoyagi begleitet, zwei Mörike-Lieder von Hugo Wolf und Gustav Mahlers entzückendes "Rheinlegendchen".
Nach der letzten Chorballade wurde die Künstlerschar lautstark und ausgiebig gefeiert. Den "Jäger aus Kurpfalz" gab's als Zugabe und Josef Rheinbergers herrliches sechsstimmiges Abendlied "Bleib bei uns". W.B.
(Quelle: morgenweb.de, 13.05.2015)